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Erfolgreiche Eizellenentnahme bei Nördlichen Breitmaulnashörnern – ein weiterer Meilenstein für ihre Rettung

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Es gibt nur noch zwei Nördliche Breitmaulnashörner auf der Welt, beide sind Weibchen. Diese charismatischen Dickhäuter vor dem Aussterben zu bewahren erscheint unmöglich – doch ein internationales Team aus WissenschaftlerInnen und Tierärzten hat erstmals eine Prozedur durchgeführt, die eine assistierte Reproduktion ermöglicht, um das Unmögliche dennoch zu erreichen. Am 22. August 2019 hat das Team erfolgreich Eizellen der weiblichen Tiere gewonnen. Die erstmals in Nördlichen Breitmaulnashörnern durchgeführte Prozedur fand im Ol Pejeta Reservat in Kenia statt. Die Eizellen werden nun mit eingefrorenen Spermien eines bereits verstorbenen Bullen künstlich befruchtet. Ein im Labor erzeugter Embryo soll später einer Leihmutter, einer Südlichen Breitmaulnashornkuh, eingesetzt werden. Die Eizellenentnahme ist das Resultat der erfolgreichen Zusammenarbeit des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) mit dem Safaripark Dvůr Králové, Avantea sowie der Ol Pejeta Conservancy und dem Kenya Wildlife Service (KWS). Ermöglicht wurde der Eingriff durch Fördermittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Das Leibniz-IZW-Team während der Eizellentnahme in Ol Pejeta, Kenia. | Foto von Amy Vitale

Da die letzten verbliebenen Nördlichen Breitmaulnashorn-Weibchen Najin und Fatu aus physiologischen Gründen keine Schwangerschaft austragen können, liegt die Hoffnung zur Rettung dieser Nashörner allein in der Entwicklung hochspezialisierter Techniken der assistierten Reproduktion und der künstlichen Befruchtung. Die erfolgreiche Eizellenentnahme ist einer von vielen notwendigen Schritten – jeder davon echte Pionierarbeit – um die Nördlichen Breitmaulnashörner vor dem endgültigen Aussterben zu bewahren. „Der Eingriff ist das Resultat jahrelanger Forschung, Entwicklung, Anpassung und Übung. Sowohl die Methode als auch das dafür nötige Equipment musste von Grund auf neu entwickelt werden“, erklären Prof. Thomas Hildebrandt (Leibniz-IZW) und Dr. David Ndeereh (KWS), die die Prozedur geleitet haben. „Wir konnten insgesamt 10 Eizellen entnehmen - fünf von Najin und fünf von Fatu - und damit zeigen, dass beide Weibchen noch in der Lage sind, Eizellen zu produzieren, und uns helfen können, diese wunderbaren Geschöpfe zu retten“.

Die Prozedur wurde mit einem selbst entwickelten medizinischen Spezialgerät durchgeführt, mit dessen Hilfe das Team von Ultraschallbildern geleitet unreife Eizellen (Oozyten) aus den Eierstöcken der Weibchen entnehmen konnte. Die Tiere waren während des Eingriffs narkotisiert. „Das Anästhesieren der Tiere verlief ohne Komplikationen, obwohl beide Nashörner seit fünf Jahren nicht mehr immobilisiert wurden“, sagen Frank Göritz (Leibniz-IZW) und Stephen Ngulu (Ol Pejeta).

„Dass wir 10 Eizellen gewinnen konnten, ist ein großartiger Erfolg und ein Beweis dafür, was wir mit der einzigartigen Kooperation von WissenschaftlerInnen, ExpertInnen in Zoos und TierschützerInnen im Feld erreichen können. Es gibt auch für jene Tiere Hoffnung, die unmittelbar vom Aussterben bedroht sind“, fügt Jan Stejskal vom Safaripark Dvůr Králové hinzu. In diesem tschechischen Zoo wurden beide Tiere geboren. Die Zusammenarbeit vom Safaripark Dvůr Králové, der Ol Pejeta Conservancy und dem KWS ermöglichte es im Dezember 2009, dass Najin und Fatu – damals noch in Begleitung zweier inzwischen verstorbener Männchen – nach Kenia gelangten. Es bestand die Hoffnung, dass sie sich nahe ihres natürlichen Lebensraums auf natürlichem Wege fortpflanzen würden. Obwohl Fortpflanzungsversuche verzeichnet wurden, kam es zu keiner Schwangerschaft. „Nach einem umfassenden Gesundheitscheck im Jahr 2014 kamen wir zum Schluss, dass beide Weibchen aufgrund unterschiedlicher gesundheitlicher Probleme keinen Nachwuchs austragen können“, erklärt Dr. Robert Hermes vom Leibniz-IZW. Die beiden Männchen – Suni und Sudan – starben in den Jahren 2014 und 2018. Proben ihrer Spermien wurden in flüssigem Stickstoff konserviert in der Hoffnung, dass sich Techniken der assistierten Reproduktion rasch genug entwickeln lassen, um ihre Gene an eine neue Generation weitergeben zu können.

„Die gestrige Eizellenentnahme versetzt uns erstmalig in die Lage, die Idee von der Herstellung von Embryos des Nördlichen Breitmaulnashorns im Labor Wirklichkeit werden zu lassen“, sagt Cesare Galli von Avantea, dem italienischen Labor für hochentwickelte Biotechnologieforschung und Tierreproduktion. Avantea wird die Eizellen nun mit kryo-konservierten Spermien von Suni und Saut befruchten.

Die Prozedur ist Teil eines internationalen Forschungsprojekts mit dem Namen „BioRescue“, zu dessen Konsortium das Leibniz-IZW, Avantea und der Safaripark Dvůr Králové gehören. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und entwickelt zwei Ansätze für den Artenschutz maßgeblich weiter. Neben der Pionierarbeit auf dem Gebiet der Assistierten Reproduktion und In-Vitro-Fertilisation arbeitet das Projektteam auch an Techniken und Methoden zur Herstellung von künstlichen Gameten (Eizellen und Spermien) aus Stammzellen. Dafür werden gesicherte Gewebeproben von Nördlichen Breitmaulnashörnern in pluripotente Stammzellen transformiert, die wiederum zu primordialen Keimzellen weiterentwickelt werden können. Diese reifen dann zu Eizellen oder Spermien – und steigern damit sowohl die Zahl und Qualität der für die In-Vitro-Fertilisation zur Verfügung stehenden Gameten. Zudem kann auch die genetische Vielfalt maßgeblich erhöht werden. Der Stammzell-Ansatz wird durch die BioRescue-Projektpartner Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin (MDC), Universität Kyushu in Japan, sowie Northwestern University in den USA vorangebracht.

Die gesamte Prozedur der Eizellenentnahme am 22. August wurde innerhalb eines ethischen Rahmenwerks durchgeführt. Dieses wurde von der Tierethikerin Dr. Barbara de Mori von der Universität Padua gemeinsam mit den WissenschaftlerInnen und Tierärzten des Konsortiums entwickelt. „Wir haben eine dezidierte ethische Risikoanalyse entwickelt, die das gesamte Team auf alle möglichen Szenarien eines solchen Eingriffs vorbereitet und sicherstellt, dass das Tierwohl der beiden Individuen in sehr hohem Maße Eingang in die Gestaltung der Prozedur fand“, erklärt de Mori. Die Eizellentnahme wurde in Übereinstimmung mit kenianischen Gesetzen und internationalen Regularien durchgeführt.

Quotes
Description
Auf der einen Seite sind wir von Ol Pejeta darüber bestürzt, dass die Zahl der Nördlichen Breitmaulnashörner weltweit auf nur zwei Individuen gesunken ist – ein Zeugnis davon, auf welch bedenkliche Art und Weise die Menschen mit ihrer Umwelt umgehen. Auf der anderen Seite sind wir sehr stolz darauf, dass wir Teil jener bahnbrechenden Arbeit sind, die den letzten Hoffnungsschimmer für die Nördlichen Breitmaulnashörner darstellt. Wir hoffen, dass dies auch dazu beiträgt, dass die Menschheit verinnerlicht, dass ein verantwortungsbewusster Umgang mit der Umwelt kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist.
Name
— Richard Vigne
Position
Managing Director von Ol Pejeta
Description
Die Beschlüsse, die die Welt in dieser Woche auf der im Moment stattfindenden CITES-Tagung in Genf fassen wird, sollten sich an den gemeinsamen Bemühungen der Rettung der letzten nördlichen Breitmaulnashörner orientieren. Der aktuelle Rettungsversuch durch Einsatz modernster Reproduktionstechniken sollte die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf die Notlage aller Nashörner lenken und uns dazu bringen, Fehlentscheidungen zu vermeiden, die die Strafverfolgung untergraben und die Nachfrage nach Horn fördern.
Name
— Hon. Najib Balala
Position
Kabinettsminister für Tourismus und Wildtiere in Kenia
Description
Es freut mich sehr, dass diese internationale Zusammenarbeit uns dabei helfen wird das nördliche Breitmaulnashorn vom Aussterben zu bewahren. Die Rettung der Nashörner berührt mich sehr, gerade vor dem Hintergrund, dass vor kurzer Zeit das letzte Männchen Sudan an Altersschwäche gestorben ist.
Name
— Brig. (Rtd) John Waweru
Position
Direktor vom Kenya Wildlife Service
Boilerplates

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Kenya Wildlife Service

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Der Kenya Wildlife Service (KWS) ist die oberste Regierungsbehörde Kenias für den Management und den Schutz der Wildtiere. Der KWS ist zudem für die Durchsetzung diesbezüglicher Gesetze und Verordnungen zuständig.
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Title
Ol Pejeta Conservancy

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Die Ol Pejeta Conservancy ist das größte Schutzgebiet für Spitzmaulnashörner in Ostafrika und der einzige Ort in Kenia, an dem Besucher Schimpansen erleben können. Die Ol Pejeta Conservancy verfügt über eine maßstabssetzende Sicherheitseinheit für die Wildtiere des Schutzgebiets, die unter anderem eine Hundestaffel und eine spezielle Nashorn-Schutzeinheit umfasst und Bewegungssensoren an solarbetriebenen Elektrozäunen einsetzt.
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Title
Safaripark Dvůr Králové

Description
Der Safaripark Dvůr Králové ist ein Safaripark in der Tschechischen Republik. Es ist ein sehr beliebter Ort bei den Besuchern aufgrund seines Schwerpunkts auf die afrikanische Fauna. Dank jahrzehntelanger Erfahrungen aus erster Hand gehört er zu den besten Züchtern afrikanischer Tiere, insbesondere von Huftieren, in der Welt. Der Safaripark Dvůr Králové sieht es als seine Aufgabe an, bei der Erhaltung der Wildtiere auch in ihrem ursprünglichen Lebensraum zu helfen. Es ist der einzige Ort, an dem das Nördliche Breitmaulnashorn in menschlicher Obhut gezüchtet wurde und die letzten beiden lebenden Nördlichen Breitmaulnashornweibchen, Najin und Fatu, wurden in Dvůr Králové geboren, bevor sie nach Kenia transportiert wurden. Der Safaripark Dvůr Králové stellt genetische Proben der Nördlichen Breitmaulnashörner für das Biorescue-Projekt zur Verfügung, ist in internationalen Gremien zur Rettung der Nördlichen Breitmaulnashörner vertreten und koordiniert die Bemühungen zur Rettung der Nördlichen Breitmaulnashörner.
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Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)

Description
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) ist eine international renommierte deutsche Forschungseinrichtung des Forschungsverbundes Berlin e.V. und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Unsere Aufgabe ist es, die evolutionären Anpassungen von Wildtieren an den globalen Wandel zu untersuchen und neue Konzepte und Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität zu entwickeln. Dazu nutzen unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre breite interdisziplinäre Expertise aus Biologie und Veterinärmedizin, um Grundlagen- und angewandte Forschung – von der molekularen bis zur Landschaftsebene – im engen Dialog mit der Öffentlichkeit und den Interessengruppen zu betreiben. Darüber hinaus engagieren wir uns für einzigartige und qualitativ hochwertige Dienstleistungen für die Wissenschaft.
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Avantea

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Avantea ist ein Labor für Biotechnologieforschung und Tierreproduktion mit Sitz in Cremona, Italien. Avantea verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung und Know-how in der assistierten Reproduktion von Nutztieren, welche durch jahrelange Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Tierzucht entwickelt wurden.
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Universität von Padua

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Die Universität von Padua in Italien ist eine der ältesten der Welt und feiert ihr 800-jähriges Bestehen. Ihre Abteilung für vergleichende Biomedizin und Lebensmittelwissenschaften entwickelt führende Forschung und Ausbildung im Bereich der Erhaltung und des Wohlergehens von Wildtieren mit besonderem Schwerpunkt auf der ethischen Bewertung und Evaluierung von Forschungsprojekten und Ausbildungsprogrammen.
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Contacts
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Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
Name
Prof. Dr. Thomas Hildebrandt
Description
Leiter des BioRescue-Projekts und der Abteilung für Reproduktionsmanagement, Leibniz-IZW
Contact Number
+49 (0)30 5168440
Contact Email
hildebrandt@izw-berlin.de
Name
Steven Seet
Description
BioRescue Projektmanagement und Leiter der Abteilung Wissenschaftskommunikation, Leibniz-IZW
Contact Number
+49 (0)30 5168125
Contact Email
seet@izw-berlin.de
Title
Safaripark Dvůr Králové
Name
Jan Stejskal
Description
Direktor für Kommunikation und internationale Projekte, Safaripark Dvůr Králové
Contact Number
+420 / 608 009072
Contact Email
jan.stejskal@zoodk.cz
Title
Ol Pejeta Conservancy
Name
Dr. Stephen Ngulu
Description
Leitender Tierarzt
Contact Number
+254 / 724 859 719
Contact Email
Stephen.ngulu@olpejetaconservancy.org
Name
Elodie Sampere
Description
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Contact Number
+254 / 727 341 612
Contact Email
Elodie.sampere@olpejetaconservancy.org
Title
Kenya Wildlife Service (KWS)
Name
Paul Udoto
Description
Corporate Communications Manager
Contact Number
+254 / 721 453 98
Contact Email
pudoto@kws.go.ke
Title
Avantea
Name
Prof. Cesare Galli
Description
Direktor von Avantea
Contact Number
+390 / 372437242
Contact Email
cesaregalli@avantea.it
Title
University of Padua
Name
Barbara de Mori
Description
Leiterin des Ethiklabors für Veterinärmedizin, Artenschutz und Tierwohlergehen, Universität von Padua
Contact Number
+39 / 3403747666
Contact Email
barbara.demori@unipd.it
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